MAGNUMS: 1971 CHEVAL, 1988 LATOUR, 1998 PÉTRUS

Gabriel_profil_icon From Rene GabrielPremium_small, at 29. December 2009 14:05

Wir treffen uns immer vor Weihnachten. Um unsere Freundschaft zu feiern und um ein paar schöne Weine zusammen zu geniessen.

Der Austragungsort heuer: Das Restaurant Old Swiss House in Luzern. Jeder eine Magnum im Handgepäck ohne sich vorher abzusprechen. Diesmal war der Mix besonders gut und die Erinnerungen an diesen Abend werden deshalb wohl noch lange nachklingen.

1971 Château Cheval Blanc, Magnum: Extrem selten im Handel zu finden. Bräunlich-Orange. Aber das bin ich mir ja von diesem Cheval eh schon lange gewohnt. Dann dieser Lebkuchenduft und Datteln und viel Rosinen. In der Nase wie im Gaumen hat man das Gefühl, dass hier jemand zu einem grossen Cheval noch einen Chambertin, einen Rayas und einen grossen Musar als Blend hinzugefügt hätte. Ich genoss ihn zuweilen aus einem klassischen Bordeauxglas und dann auch aus einem ausufernden Burgunderkelch der noch auf dem Tisch stand, weil sich darin zuvor ein völlig überraschend grosser 2002 Corton-Charlemagne von Louis Latour befand. Das war etwas, wie wenn man eine halbe Stunde lang unter Drogen steht. 19/20 austrinken

1988 Château Latour, Magnum: Vielleicht dekantierten wir den Wein zu wenig lange? Eine Faustregel besagt, dass man einen grossen Latour eigentlich nie genug lange dekantieren kann. Und der 88er ist noch meilenweit von seiner richtigen Genussreife entfernt. Will aber nicht heissen, dass er sich heute - nach immerhin mehr als 20 Jahren in der Flasche - ganz unnahbar anfühlt. Aber zwischen den beiden doch sehr lauten Libournaiserweinen Cheval 1971 und Pétrus 1998 verlangte dieser Tenor des Pauillac's nach Ruhe, Musse und Andacht. Nur wer ganz runter fährt und seine Sinne schürt, kann einen solchen Latour richtig erfahren. Das Bouquet trocken, nobel mit Trüffeln und rauchigem Cabernet der seine schwarze Frucht nur in kleinen Dosierungen frei gibt. Der Gaumen barock, mächtig mit erhabenen Konturen. Seine Aromatik legte enorm zu, sobald er mit dem Hauptgang (das ausufernd grosse, legendäre Wienerschnitzel des Hauses...) im Mund vermischt wurde. Grosse Weine sind halt erst wirklich gross, wenn dazu was Feines gegessen wird. 19/20 beginnen

1998 Château Pétrus, Magnum: Können Sie sich vorstellen von diesem Luxus-Wein ein sehr gut gefülltes Glas vor sich zu haben? Luigi Zanini stellte zu unserem Vorweihnachtstreffen eine Magnum von diesem bereits heute legendären Wein auf das kleine Beistelltischchen im Restaurant. Da ich wusste, dass der Wein noch sehr verschlossen war, entschied ich mich diesen Pétrus nicht dekantieren zu lassen und direkt von der Magnum ins recht grosse Glas zu füllen. Es war ein guter, richtiger Entscheid. Ich glaube nämlich, dass Grossflaschen die Frucht länger bewahren und sich später oder weniger verschliessen während der Reduktionsphase. Das Bouquet? Von Null auf Hundert in einer Sekunde! Völlig explosiv mit vielen blauen und schwarzen Beeren, vermischt mit Ingwer, Kokos und hellen Pralinen. Ein Nasenbild wie von einem anderen Stern; erhaben, aber nicht überheblich. Im Gaumen eine ausufernde, dicke Pomerolfülle zeigend, durch die stützende, wieder mit viel Frucht gepaarte Säure hält sich aber die Balance zwischen Schwere und Eleganz auf einem mörderisch hohen, artistischen Seiltanz. Ein bewegender Schluck der die Sinne berauscht und jedes echte Weinherz höher schlagen lässt. Es ist irgendwie, wie wenn man auf einer unglaublich langen Suche sein Ziel für immer gefunden hat. Ich erinnerte mich bei diesem unvergesslichen Erlebnis an die Fassprobe vor 10 Jahren. Noch nie hatte mich ein Pétrus bei einer Primeurverkostung so restlos überzeugt. Er hat all diese Versprechen gehalten und gilt somit als der vielleicht allergrösste Pomerol der «neuen Zeit». 20/20 beginnen

 

 


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