EVOLUTION AM FLASCHENHALS: AM KORK WIRD GESCHRAUBT

Gabriel_profil_icon From Rene GabrielPremium_small, at 18. May 2010 11:52

Die Diskussionen rund um den Drehverschluss sind eine „verkorkste Sache“. Es vergeht keinen Monat, an dem ich nicht von einem Weinsammler, Händler, Journalist oder Winzer darauf angesprochen werde. Meist endet die Diskussion mit der ganz persönlichen Frage: „Sind Sie dafür oder dagegen?“

Gegenfrage: „Wer hat’s erfunden?“ Bereits vor mehr als 20 Jahren begannen Westschweizer Winzer ihre teuersten Weine mit einem Drehverschluss zu versetzen. Ja die Teuersten. Es war diesen Weinbauern egal, wenn die ihre günstigen Weine korkten. Damals war es noch Pflicht, dass es für korkige Weine eine vollständige Rücknahmegarantie gab.   

Auf einem New-Zealand-Trip fragte ich dort die Winzer, weshalb fast 100% aller Weine in diesem Land mit dem Schreibverschluss abgefüllt werden?  „Wissen Sie, die Korken kommen auf dem Schiffsweg aus Portugal und bis dann diese bei uns ankommen würden, sind die besseren Qualitäten längst in Australien hängen geblieben. 

In Europa verbreitet sich der Schraubverschluss schon ziemlich rasant bei den günstigen, respektive den schnell zu trinkenden Weinen. Mehr bei den Weissen, momentan noch etwas weniger bei den Roten. Aber die generelle Entwicklung zeigt eine klare Tendenz. Und ich bin mir sicher, es geht mit dem Schraubverschluss heroisch aufwärts.  

Geht man den Argumentationen auf den Grund, so kommt immer wieder die Behauptung auf, dass ein Naturkork bei der Alterung gegenüber allen anderen Verschlüssen wesentliche Vorteile in sich birgt. Doch gerade diese Theorie wird nun in einer Analyse von Monika Christmann (Professorin an der Forschungsanstalt Geisenheim) widerlegt. Und sie fordert demonstrativ: „Hört endlich auf mit dem Kork!“. Im Hals einer Weinflasche hätte Kork nichts mehr zu suchen. Denn hinter dem lustigen Plopp des Korkens würden verdorbene Weine in einem Wert von weltweit über 100 Mio. Euro jährlich stehen. Auch die idyllischen Schilderungen, wonach vor allem grosse Rotweine jahrelang im Keller durch den Kork atmen müssten, um ihre optimale Genussreife zu erreichen, sei längst als Märchen entlarvt worden. „Ein einwandfreier Naturkork atme nicht“, schreibt Christmann; „sondern, er dichtet zu 100 Prozent ab“. Somit benötige ein Wein für die Reife keinen von aussen in die Flasche dringenden Sauerstoff. Das bisschen Luft, das sich mit dem Wein im Glas befinde, reiche dafür völlig aus. Also ist ihre Quintessenz: „Her mit dem Drehverschluss!“

Oder gibt es denn möglicherweise noch andere, bessere Alternativen zwischen Korken und Drehverschluss. Ja – gibt es. Vieles wurde probiert. Von Bröselkorken über synthetischen Korken bis zum Glasverschluss. Doch diese Systeme sind in der Anwendung entweder stabil oder bereits wieder rückläufig. Der Drehverschluss hingegen ist deutlich auf unaufhaltsamem Vormarsch. 

Lustig wird es, wenn der Konsument selbst entscheiden muss. Im Jahr 2005 präsentierte das Team von Penfolds einen neuen Icon-Wein, den 2004 Block 42 Cabernet Sauvignon weltweit als Fassprobe. Diesen Wein konnte man – gleich wie die berühmten Bordeauxweine – in Subskription bestellen und sofort bezahlen. Pikantes Detail: Man musste bei der Bestellung angeben, ob man den Wein dann bei der Auslieferung im Jahr 2007 mit Schraubverschluss oder mit Naturkorken geliefert haben wollte. Das Resultat erstaunte, denn fast die Hälfte der Kunden entschieden sich bei diesem sehr teuren Wein für den Schraubverschluss! 

Fragt man angefressene Weinsammler nach deren Meinung, so höre ich meist immer ein 100%iges Pro-Korken. Geht man durch deren Weinkeller so sieht man oft ein paar besonders honorige Grossflaschen die im Hals mit einem Korken versehen sind. Darüber klebt seit Jahrzehnten eine völlig Luft abdichtende Wachs, respektive Siegelschicht. Hier vereinen sich dann eigentlich zwei Argumente die sich völlig widersprechen. 

Aber damit Sie mir nicht wieder die Frage stellen, ob ich jetzt in dieser Thematik dafür oder dagegen bin, gebe ich Ihnen an dieser Stelle meine ganz persönliche Ansicht kund. Bei günstigen Weinen ist es mir schon lange egal. Wenn ich einen ganz grossen, legendären Wein öffne und zelebriere, dann bestehe ich darauf, dass dieser mit einem Naturkork versehen ist. Aber leider kommt es immer wieder vor, dass eine ganz besondere Flasche korkt. In diesem Fall bin ich dann sofort für den Schraubverschluss…

 


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