BURGUNDER BEST-BOTTLE

Gabriel_profil_icon From Rene GabrielPremium_small, at 14. June 2010 12:08

«Einen guten Bordeaux würde ich jederzeit einem guten Burgunder vorziehen – aber ich mag lieber einen ganz grossen Burgunder wie einen ganz grossen Bordeaux!» Das war die Antwort vom legendären Senior Egon Müller als wir ihn einmal nach seinen persönlichen Vorlieben beim Rotweingenuss fragten.

Vielleicht ist es die klägliche Summe ganz grosser Burgundererlebnisse die die Sehnsucht danach steigert. Denn – wer sich mit den Weinen der Côte de Beaune und der Côte de Nuits eingehend befasst weiss, dass es bis hin zum Besitz zu ganz grossen Burgundern eine lange Durstrecke gibt die Neugier, Geduld und Budget erfordert. Und ist man endlich im Besitz von ein paar ganz grossen Côte-d’Or-Raritäten, hütet man diesen Schatz wie den Augapfel. Und wartet manchmal mehr wie ein Jahrzehnt, bis man die passende Gelegenheit findet. Und – dann will man eine bestmögliche Garantie, dass jene Weinfreunde die an diesem Tropfen partizipieren das Gebotene auch gebührlich zu schätzen wissen. 

Somit ist die Formel «Best-Bottles» eine gute Erfindung um nicht nur seinen eigenen Wein zu zelebrieren, sondern auch an andere Burgundererlebnisse heran zu kommen. René Gabriel bestimmte das Datum (Freitag, 1. Juni) und den Veranstaltungsort (Gasthaus Sempacherhof, Sempach-Station) und informierte über diesen Event auf seiner Webseite (www.weingabriel.ch) mit einer Vorlaufzeit von gut einem Jahr. Nun lag es an den Internetseitenbesuchern Gebote zu platzieren um sich einen Sitzplatz zu ergattern. Diese konnten in Form von einer einzigen, besonders raren und teuren Flasche sein. Oder halt der Bereitschaft gleich zwei Flaschen zu opfern, um mithalten zu können.  

Hier die Ernte eines unvergesslichen Weinabends mit keinem Kork und einer oxydierten Flasche. Also eine Burgunder-Genussernte von seltenem Ausmass.

Und weil es im Burgund keine Süssweine gibt und weil Jürg Richter ebenfalls an dieser Weinprobe teilnahm, schloss sich der Kreis bei zwei ungeahnt grossen Sauternes aus dem an sich als wenig berühmten Weinjahr 1904... 

1979 Batard-Montrâchet, Ramonet (Yves Beck): Dunkelgelb. Fett, üppig, fast ranzige Butter, Haselnussöl. Auch im Gaumen fast ölig. Ein dicker gereifter, aber noch sehr intakter Batard der seinem Namen alle Ehre bereitet. 19/20 trinken

1995 Corton-Charlemagne Coche-Dury (Thorsten Grubmüller): Mittelreifes Gelb. Leicht käsig im ersten Nasenbeginn, Molketon, elegant gefüllt und fast rahmig. Grosser Gaumenauftakt, milde aber noch stützende Säure, cremiger Fluss von königlicher Erhabenheit. 19/20 trinken

2005 Montrâchet Jacques Prieur (Marcel Merz): Leuchtendes Gelb. Würziges Bouquet, feine Kamilenuancen und Akazienhonig, sehr vielschichtig. Im Gaumen leicht stohiger Beginn, trockenes Extrakt, eine tolle Konzentration zeigend, gewaltige Aromatik im Finale. Noch grosses Potential. 19/20 trinken

2007 Meursault Les Grands Charrons Bernard Boisson-Vadot (René Gabriel): Hell und brillant mit dezent grünlichem Schimmer. Klare, mineralische Stilistik, Krachmandeln und feine Harznuancen. Im Gaumen mit fast knackiger Säure, beeindruckendes, konzentriertes Extrakt. In diesen grossen Weinen der Serie locker mithaltend. Spannendes Potential. 19/20 trinken

1947 Chambertin Vandermeulen (Harald Jäckle) : Leicht bräunliches Gelb. Kokosfett und Kakaobutter in der eigenwilligen Nase, gebrannte Mandeln, weisse Sesamkörner und Bambus, feine Oxydation aber nicht störend. Im Gaumen füllig, ölig, leicht ranziges Erdnussöl, aber immer noch ein beeindruckender weisser Altburgunder der sogar mit einem Hauch Caramel dick endet. 19/20 vorbei

1928 Charmes Chambertin Morin ( Wolfgang Luiz): Aufhellendes Rostbraun, grosser Rand aussen. Waldig-pflaumiges Bouquet eine schöne Terroirsüsse zeigend, Tabak und Malagarosinen, Moschus und Leder. Samtener Gaumen, feine Tannine, reife Säure, sehr harmonisch, traumhaft gereift. 19/20 austrinken

1937 Richebourg, Louis Jadot (Harald Jäckle): Braun mit Bernsteinreflexen. Oxydative Noten, alter Madeira, Bakelit. Noch durch Säure etwas erhalten, aber leider weit über dem Zenit. 16/20 vorbei

1947 Musigny Comte de Vogue (Albrecht Braun): Sehr hell aber auch recht intakt. Filigranes, delikates Bouquet mit letzten Himbeerfruchtresten, Hirschleder, Pfifferlinge. Tänzerischer Gaumen, schlanker aber sehr langer Körper die lebendige, leicht dominierende Säure gibt dem mehr als 60jährigen Weine eine gewaltige Frische. 19/20 trinken 

1947 Chambertin Vandermeulen (Sigi Hiss): Recht dunkle Farbe. Kaffeesatz, schwarze, feuchte Herbstpilze, viel malzige Süsse mit einem gewissen Guinessbiertouch. Im Gaumen füllig, cremig, viel Kräuter und wieder Malz. Leicht über dem Zenit – aber immer noch faszinierend. Im Gaumen besser als in der Nase. 18/20 vorbei

1974 Richebourg Domaine de la Romanée-Conti (René Gabriel) : Sehr hell mit viel Braunschimmer. Nelkenpulver, Nescafé, Sauerkirschen, typisches, reifes DRC-Bouquet mit leicht stieligen Nuancen. Im Gaumen extrem leicht tänzerisch mit einer dezent, aber doch passenden kapseligen Säure, klingt erstaunlich lange nach. Noch sehr gut – aber wohl Dank Grossflasche (3 Liter – damals noch Réhoboam) 17/20 austrinken 

1959 Musigny Comte de Vogue (René Gabriel) : Extrem hell, fast transparent. Sehr reifes, feinwürziges Bouquet, Himbeeressig, Nelkenpulver, Liebstöckel, Lorbeerblatt. Wie beim 47er auch hier eine stützende Säure, viel Muskeln bei sehr schlankem Körper. Viel erwartet, wenig bekommen. 16/20 vorbei

1961 Grands Echézeaux Domaine de la Romanée-Conti (Klaus Kupper): Intaktes Weinrot, relativ wenig Reifetöne für dieses Alter. Kompottige Süsse, rote Pflaumen, Ricola. Im Gaumen eine tolle Süsse mit relativ viel reifen Früchten, füllig und würzig, waldiges Finale wie ein artisanaler Rioja. Toller Burgunder ! 19/20 trinken

1967 Clos Vougeot Jacques Prieur (Marcel Merz): Aufhellendes Weinrot, wenig Reifetöne. Pilziges Ranchiobouquet, alter Schrank. Gezehrter Gaumen, spröde Tannine, ausgelaugtes Finale. In der Nase noch passabel im Gaumen kaputt. 14/20 vorbei

1969 Echézeaux, Domaine de La Romanée-Conti (Jürg Richter): Hell und ziegelrot mit bräunlichem Schimmer. Maggiwürze, flüchtige Säure, alter Essig, morscher Balken. Im Gaumen viel angenehmer eine morbide Süsse, mürbe Tannine, gut erhalten, aber nicht das, was man erwartet hätte. Vor allem, wenn man die aktuellen Marktpreise betrachtet. Verkaufen ist besser als trinken. 16/20 vorbei

1990 Musigny Comte de Vogue (Benno Ottiger): Noch jugendliches Rubin, leuchtend. Verhaltenes, reduktives Bouquet, noch ein feiner Hauch Caramel, nussig, Nescafé. Im Gaumen noch geballt, kräftig mit viel Kraft, adstringierend und damit anzeigend, dass er erst knapp am Anfang einer ganz langen Genussreife ist. Wenn er sich weiter so entwickelt, dann hat er das Zeug zu einem Kult-Musigny. 19/20 trinken

1989 Clos Vougeot Domaine Leroy: Leuchtendes Rubin, feine ziegelrote Töne. Biscuit und Halbweissbrotnase, eine Spur Fenchelsamen. Fest im Gaumen, gut gestützt, noch etwas prägnant in der Textur, wird zwar noch zulegen können, aber auch immer etwas metallisch bleiben. Die Nase liegt fast einen Punkt höher. 18/20 trinken  

1989 Richebourg Domaine Leroy: Leuchtend aufhellend, aber noch sehr jugendlich wirkend. Feinwuchtig, etwas zu Kopf zeigend, Himbeeren und Himbeerenrispen mit einem feien Touch Cassis vermischt. Schlanker und muskulöser Gaumen, die Säure verbindet sich mit den Tanninen, wirkt noch extrem jung und wird wohl erst in etwa 5 bis 10 Jahren seine effektive Note beweisen. Lange dekantieren. 19/20 trinken

1991 Romanée St. Vivant, Leroy (Christian Grill): Mittleres Rubin mit feinem Reifeschimmer. Pfeffriges Bouquet, dezent flüchtige Noten in form von Himbeeressig, ein Touch Grenadine. Konzentriert, eng gebündelt, feinrassig mit erstaunlich langem, rotbeerigem Finale. Kleines Jahr – ziemlich  grosser Wein! 18/20 trinken

1992 Clos de la Roche, Leroy (Christian Grill): Hölzernes Bouquet, Nussnoten, Pfeffermehl, eingelegte Rosenpfefferkörner, Fliedernoten, wirkt also noch sehr frisch. Noch viel Frucht die, so wie in der Nase pfeffrig im Extrakt wirkt, viel Rasse und erst am Anfang einer schönen Genussphase. Unterschätztes Jahr mit der Garantie einer grossen Domaine. 18/20 trinken

1999 Grands Echézeaux, Domaine de la Romané-Conti (Patrick Bopp): Recht dunkles Granat-Rubin, Ein extrem würziges Bouquet, getrocknete Preiselbeeren, Wildkirsch, Rosenpfeffer, Kardamom mit einem Touch Grenadine, viel Power und Tiefe zeigend. Im Gaumen eine geballte Ladung, nicht mehr so zäh wie vor zwei Jahren aber immer noch weit entfernt vom ersten Genusspunkt. Ein Monument das aufzeigt, wie gross die anderen, höher eingestuften 99er der DRC sein müssen. 19/20 warten

2000 Romanée St. Vivant, Leroy (Robert Kemmler): Reifende Farbe, ziegelrot-oranger Schimmer. Eine Fruchtbombe in der Nase, rote gekochte Kirschen, Himbeerlikör, Bast- und Zedernholz. In der Nase mit feinfülliger, eleganter Balance. Ein Weintraum mit unendlicher Länge. Es gibt offensichtlich ein paar ganz, ganz grosse 2000er in der Côte de Nuits und das Schöne daran ist, dass diese Weine jetzt ganz grossen, reuelosen Genuss bieten. 19/20 trinken

2001 La Tâche Domaine de la Romanée-Conti (Gerhard Müller-Schwefe): Deutlich hell, recht transparent. Viel Würze, mehr Würze wie Frucht, aber das ist man sich bei einem La Tâche gewohnt, Nelkenpulver, weissgraue Pfefferkörner, trotz der schönen Würznuancen ist das Bouquet noch sehr verhalten. Fester, muskulöser Gaumen, leicht kerniges Extrakt, noch ein fast blockiertes Potential zeigend, viel Reserven aber auch sehr bourgeoise Konturen. Ein Trotanoy aus Vosne Romanée. Kann – und wird noch zulegen. 18/20 warten

1904 Rayne-Vigneau, Sauternes (Jürg Richter) : Leuchtendes Orange-Gold. Nussiges Bouquet, viel Noten von gekochtem Aprikosenkompott, eine abgeklärte, recht füllige Süsse zeigend mit einer Spur Malz drin. Wunderschön harmonischer Gaumen, nach mehr als 100 Jahren mit einem unglaublichem Spasspotential ausgestattet. Heute noch ein absolutes Sauternes-Vergnügen. 19/20 austrinken

1904 d’Yquem : Sehr dunkles Orange-Braun mit viel goldenen Reflexen. Die Nase ist würzig mit einem fein grünlichen, erfrischenden Capsintouch im süss-trockenen, konzentrierten Bouquet. Im Gaumen mit einer klar mit einer lebendigen Säure ausgestattet, tolle Würze, wirkt auch hier wieder unglaublich frisch und ist auf gleicher Höhe wie der Rayne-Vigneau vom gleichen Jahrgang der links von diesem Yquem stand. Mehr als 100 Jahre als und kein Bisschen müde. 19/20 trinken

 







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