Mal ist es ein Stück von Mozart, mal Wasserplätschern und Vogelgezwitscher, mal sind es gregorianische Gesänge. In den großen Stahltanks strahlen Leuchtdioden ein sattes rotes Licht in den Traubensaft. Die Klänge und das Licht sollen Entspannung hervorrufen – und zwar bei den Hefen, die die Traubenernte dieses Jahres in den Tanks zu Wein vergären.
Der fränkische Winzer Manfred Schmitt aus Bergtheim ist überzeugt, dass sie deshalb angenehmeren Wein produzieren. Einige Kollegen belächeln ihn wegen dieses Ansatzes. Der Bayerischen Landesanstalt für Gartenbau und Weinbau (LWG) sind keine Studien bekannt, die positive Effekte von Musik oder Licht für den Wein belegen.
Negative aber auch nicht. «Ob die Hefen tatsächlich leistungsfähiger sind, lässt sich nicht beweisen. Leider können wir nicht wie bei der Milchkuh, wo die Musik im Stall ja öfter eingesetzt wird, eine “wirkliche Leistung” messen», sagt Hermann Kolesch, der bei der LWG die Abteilung Weinbau leitet. Letztlich sei es eine «Frage des Glaubens», sagt auch LWG-Kellermeister Matthias Krönert.
Schmitt glaubt fest daran, dass diese Idee für seine Hefen funktioniert. «Es gibt wissenschaftliche Studien, dass Wellen von Schall und Licht jedes Lebewesen auf unserem Planeten beeinflussen. Und eine Hefe ist schließlich auch eine Zelle», sagt Schmitt. Vor vier Jahren stieg er probeweise um. Neben der angenehmen Musik hat Schmitt in den Stahltanks auch das rote Licht installiert. «Um das natürliche Urlicht der Sonne in die Behälter zu bringen.»
In einem seiner beiden Weinkeller ließ er eine Saison lang die Entspannungsmusik laufen. Vom Ergebnis war der Winzer selbst überrascht. «Es ist ein ganz anderer Wein dabei herausgekommen», erinnert sich der 64-Jährige. Der Wein sei geschmacklich feiner gewesen, das hätten auch seine Kunden festgestellt. «Außerdem gab es keine Gärunterbrechung und wir haben zwischen 30 und 50 Prozent Energie eingespart», sagt Schmitt. Die mit Musik und Licht beschallten Tanks mussten während des Gärens nicht so intensiv heruntergekühlt werden wie die anderen, sagt der Winzer.
Für ihn und seine Familie waren das genug Gründe, um den ganzen Betrieb – eines der größten privaten Weingüter in Franken – umzustellen und dem Weinkeller eine dauerhafte Licht- und Klangtherapie zu verordnen. Schmitt ist überzeugt, dass schon in zehn Jahren die Musik im Weinkeller zum normalen Geschäft gehört. «Das geht seinen Weg.» Auch, weil die Nebenwirkungen so angenehm seien: «Die ruhige Musik hat das Betriebsklima verbessert, die Azubis sind weniger gestresst und sie haben den hohen Druck in der Erntezeit viel besser ausgehalten.»
Das passt auch zur Meinung von Hermann Mengler von der Weinfachberatung des Bezirks Unterfranken: «Wenn der Winzer sich wohl fühlt, dann macht er auch einen guten Wein. Wenn er sich nicht wohlfühlt, und gestresst ist, wird der Wein nicht gut», sagt der Fachberater für Kellerwirtschaft und -technik.
Dass sich das Wohlbefinden des Winzers auf den Wein überträgt, findet sich als Idee auch bei biodynamisch wirtschaftenden Winzern wieder. Bei einem gänzlich biodynamischen Ansatz in der Landwirtschaft geht es um den Einklang mit der Natur und darum, ihre natürlichen Kräfte zu fördern, wie eine Sprecherin des Bio-Zertifizierungsverbands Demeter erklärt. Dabei beginnt die Biodynamik beim Anbau, geht über die Pflege und endet bei der Ernte. Mit dieser ganzheitlichen Methode ist auch der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und Erntemaschinen verbunden.
Biodynamik und Weinbau stehen auch im Inhaltsverzeichnis der Doktorarbeit von Georg Meißner. Der Weinbauingenieur von der Forschungsanstalt Geisenheim in Hessen forscht seit sechs Jahren in einem Versuchsweinberg mit den drei Anbauarten biologisch-organisch, konventionell und biodynamisch. Bislang mit der Erkenntnis, dass sich biologisches Wirtschaften positiv auf die Weinstöcke auswirkt. «Boden, Pflanzen und Weinqualität sind besser – viele Dinge, die man aus der Praxis hört, bestätigen sich im Versuch», sagt Meißner.
Musik und Licht hat Meißner noch nicht untersucht, aber er meint, dass das Umfeld einen Einfluss auf den Wein hat. «Allein, dass der Winzer darüber nachdenkt und einen bewussten Schritt macht – das ist der Hauptpunkt. Und das gibt einfach andere Weine.» (dpa)
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