ProWein 2012: Trendfarbe Grün

Sigi_hiss_kopf_lachend_icon From Sigi HissPremium_small, at 14. December 2011 18:30

Trendfarbe Grün

Die internationale Weinwirtschaft setzt zunehmend auf ökologischen Anbau und Nachhaltigkeit. Fachbesucher der ProWein 2012, Leitmesse für Weine und Spirituosen, können im März einen marktumfassenden Überblick über die aktuellen „grünen Weine“ erhalten.

Die deutschen Verbraucher gelten als besonders umweltbewusst. „Öko-Wein“ ist hier schon längst aus seiner anfänglichen Nische herausgetreten. Namhafte Erzeuger wie Bürklin-Wolf (Pfalz) und Wittmann in Rheinhessen, aber auch immer mehr Genossenschaften zeigen, dass ökologisch oder biologisch-dynamisch erzeugte Weine von herausragender Qualität sein können. Die Bio-Flächen wachsen stetig; zurzeit werden rund 5.000 Hektar in Deutschland zertifiziert ökologisch bewirtschaftet. „Bio ist mittlerweile ein Zusatznutzen, den der Verbraucher mit einkauft. Er verbindet mit dem Begriff eine höherwertige Qualität und will dadurch ein Stück weit zu einer umweltschonenden Produktion von Lebensmitteln beitragen“, erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. Mit einem Bio-Anteil von fünf Prozent der Gesamtrebfläche liegen die deutschen Winzer mit ihren griechischen und itali enischen Kollegen an der Weltspitze. Den höchsten Bio-Anteil halten die Österreicher inne (fast 8 Prozent).

Spanische Ökoweine stark im Export

Als flächenmäßig größter Biowein-Produzent gilt Spanien, dessen Öko-Rebflächen sich innerhalb von nur zwei Jahren verdreifacht haben (jetzt rund 54.000 ha). Für das starke Wachstum sind vor allem große Kooperativen verantwortlich, aber auch manche Spitzenerzeuger mit internationalem Renommee stellen vermehrt ihre Rebflächen auf Bio-Bewirtschaftung um (etwa Torres). Spitzenreiter ist die Region Kastilien-La Mancha, in der sich innerhalb nur eines Jahres die Bio-Rebfläche mehr als verdoppelt hat (28.739 ha). Die spanischen Ökoweine werden hauptsächlich exportiert. In der Federación Española de Empresas con Productos Ecológicos (FEPECO), dem Verband ökologisch produzierender Unternehmen, sind auch eine Reihe von Wein- und Sherry-Erzeugern organisiert.

Frankreich: Tendenz steigend

Frankreich kann ebenso auf wachsende Anteile ökologisch bewirtschafteter Rebflächen verweisen und dürfte 2012 die 6-Prozent-Marke reißen. Das Elsass hat mit 9,1 Prozent den höchsten Bio-Anteil, doch das Languedoc-Roussillon ist die Region mit der größten Bio-Rebfläche (12.661 ha einschließlich Rebflächen in Umstellung), gefolgt von der Provence (8.961 ha) und Aquitanien (5.464 ha). Mit 64 Prozent wuchs die ökologisch bewirtschaftete Rebfläche in der Region Midi-Pyrénées (Südwesten) am dynamischsten. Der Verband der ökologischen Weingüter des Languedoc-Roussillon rechnet für Frankreichs Biowinzer 2012 mit einem Absatz von über 172 Millionen Flaschen (2009: 77 Millionen). Der nationale Verband für ökologischen Weinbau – Fédération Nationale Interprofessionnelle des Vins de l’Agriculture Biologique (FNIVAB) – zählt in Frankreich rund 2.800 Ökoweingüter, auf die schon 2008 10 Prozent der Weinumsätze in Frankreich entfielen − Tendenz stark wachsend. Auch in Frankreich werden Bio-Produkte stärker nachgefragt.

In Italien wurden 2009 rund 42.700 ha ökologisch bewirtschaftet, was ein Wachstum von 6 Prozent gegenüber 2008 bedeutet. Die meisten Flächen liegen im Süden des Landes (Sizilien: 10.337 ha, Apulien: 7.477 ha), aber auch viele toskanische Erzeuger sind inzwischen zertifiziert. Die Toskana steht auf Rang 3 (5.335 ha).

Optimaler Überblick zur ProWein 2012

Die ProWein 2012 trägt der gewachsenen Bedeutung von Weinen aus ökologischem Anbau Rechnung: In der neu hinzukommenden Halle 7.1., in der auch die zentrale Verkostungszone platziert ist, entsteht eine konzentrierte Plattform in der sich Branchenverbände und Aussteller mit dem Schwerpunkt Biowein präsentieren. „Ökologisch erzeugte Weine spielen in der internationalen Weinwelt eine immer wichtigere Rolle. Die ProWein-Besucher können sich am neuen Standort auf einen Blick umfassend über die Neuheiten dieses dynamischen Segments informieren.“, erläutert Ralph Dejas, Geschäftsführer des in Deutschland mitgliedsstärksten Verbandes Ecovin. Neben Ecovin sind unter anderem auch die oben genannten Verbände FEPECO und FNIVAB sowie Demeter, Syndicat des Vignerons Bio d´Aquitaine (Frankreich), Bioland Landesverband Rheinland Pfalz, Naturian, Peter Riegel und VIVOLOVIN in 2012 am neuen Standort in der Halle 7.1 zu finden.

Ebenfalls in aller Munde: Nachhaltigkeit

Nachhaltigkeit bezieht den gesamten Produktionszyklus des Weins ein, einschließlich des Transports zum Konsumenten und der Verpackung. Im Weingut gehören dazu auch Abwasser- und Energiemanagement sowie Abfallrecycling, ja sogar der Umgang mit der „Ressource Mensch“. Das heißt, dass sich ein Weinbaubetrieb mit seinen Mitarbeitern auch als Teil des sozialen Umfelds am Standort betrachtet. Der Anbau muss jedoch nicht zwangsläufig Kriterien der Bioverbände erfüllen.

In Frankreich haben die großen Weinbauverbände längst Zielsetzungen hinsichtlich des nachhaltigen Anbaus in ihre Maßnahmenkataloge aufgenommen. In Bordeaux wurde schon vor vier Jahren eine CO2-Bilanz vorgelegt, um eine klimaneutrale Produktionskette so weit wie möglich umzusetzen. Dabei werden sämtliche Arbeitsschritte durch entsprechende Faktoren in CO2-Einheiten umgerechnet und dadurch quantifizier- und vergleichbar gemacht. So wurde beispielsweise erkannt, dass die beiden Hauptfaktoren für CO2-Emissionen in der Flaschenproduktion sowie beim Transport zum Kunden liegen. Viele Winzer und Handelshäuser haben sich Aktionspläne vorgenommen, um das Ziel der nachhaltigen Produktionsweise zu erreichen.

Ähnlich gehen die Winzer der Vereinigung „Vignerons en Développement Durable“ vor, der sich namhafte Kooperativen wie beispielsweise Mont Tauch und die Vignerons du Mont Ventoux angeschlossen haben und die 2011 mit dem Nachhaltigkeitspreis des Landwirtschaftsministeriums ausgezeichnet wurde. Bezeichnend für Frankreich ist, dass auch Großerzeuger die Zeichen der Zeit erkannt haben und an Nachhaltigkeitsstudien teilnehmen. „Unsere Qualitätspolitik der vergangenen zehn Jahre hat schon Elemente des nachhaltigen Wirtschaftens eingeschlossen, bevor dieser Begriff zum Schlagwort wurde“, sagt Alain Castel von der Groupe Castel.

 

 

Vorreiter Kalifornien

Im Kalifornischen Weinbau spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Seit 2010 existiert das Zertifizierungsprogramm der California Sustainable Winegrowing Alliance. „Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Programm, sondern eine täglich gelebte Philosophie“, erklärt Chris Savage, CSWA-Vorstandsmitglied und Umweltbeauftragter bei Gallo Vineyards. „Dieses Engagement und seine positive Wirkung wird das Wachstum der kalifornischen Weinwirtschaft auch in Zukunft sichern.“ In fünf Jahren hat sich die Zahl der am Nachhaltigkeitsprogramm teilnehmenden Betriebe um 66 Prozent erhöht. Kalifornien betrachtet sich derzeit als Weltmarktführer in Sachen Nachhaltigkeit.

Neuseeland will an die Spitze

Diesen Rang könnte Neuseeland für sich beanspruchen, wenn es das 2007 vom Verband New Zealand Winegrowers gesetzte Ziel erreicht, bis 2012 die komplette Rebfläche im Rahmen eines Umwelt-Auditing-Programms nachhaltig zu bewirtschaften. Auch biologische und biologisch-dynamische Bewirtschaftung sowie die Zertifizierung nach ISO 14001 zählen dazu. Derzeit sind nach Aussage des Verbands geschätzte 94 Prozent der Anbaufläche und 90 Prozent der Unternehmen beteiligt; der Anteil ökologisch bewirtschafteter Flächen soll bis 2020 auf 20 Prozent steigen.

 

Südafrika mit Siegel

Die südafrikanischen Erzeuger können ab dem Jahrgang 2010 ihr nachhaltiges Wirtschaften mit einem Zusatzsiegel am Flaschenhals kenntlich machen: „Sustainable Wines of South Africa“. Es ergänzt das Siegel „Wine of Origin“ und wird nach den seit der 2000er Ernte gültigen Richtlinien der Integrated Production of Wine (IPW) erteilt, das globalen Standards entspricht (etwa der FIVS oder der OIV). Das neue Siegel ist auch Schwerpunkt des Auftritts von Wines of South Africa bei der ProWein 2012. Rund 95 Prozent der südafrikanischen Trauben werden inzwischen nachhaltig erzeugt, auf freiwilliger Basis wohlgemerkt. Auch Konsumenten können mit Hilfe der Siegelnummer jeden Wein auf der Website von „Sustainable Wines of South Africa“ zurückverfolgen (www.swsa.co.za).

Zertifizierungen in Deutschland

Ohne neutrale Zertifizierung ist Nachhaltigkeit ein schwer zu überprüfendes Kriterium, dessen sich Erzeuger sehr leicht bedienen können. Inzwischen bietet das Deutsche Institut für Nachhaltige Entwicklung e.V. (DINE) an der Hochschule Heilbronn Zertifizierungen an; als erstes Weingut in Deutschland durfte das Ecovin-Weingut Neumer/Kellerei Weinmann Organics (Rheinhessen) das Fair Choice-Logo tragen. Der baden-württembergische Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Alexander Bonde, erklärte angesichts der erfolgreichen DINE-Pilotprojekte: „Wertschöpfung und Zukunftsfähigkeit schließen sich nicht aus, sondern bedingen sich. Mit einer klugen Nachhaltigkeitsstrategie eröffnen sich viele erfolgversprechende Chancen: neue Kunden, mehr Effizienz und Innovation.“

Österreich auf dem Weg

Auch in Österreich steht das Thema Nachhaltigkeit auf der Tagesordnung. Der Direktor des Österreichischen Weinbauverbandes, Josef Glatt, beabsichtigt „aufbauend auf den bisherigen Vorleistungen im Hinblick auf umweltgerechte Produktionsweisen, wie biologische oder integrierte Produktion von Wein, eine verstärkte Positionierung des österreichischen Weines in Richtung Nachhaltigkeit“.

Dem Bio-Trend hat sich in den wichtigsten Erzeugerländern das Stichwort Nachhaltigkeit hinzugesellt. Beide internationale Trends kommen den Erwartungen einer wachsenden Zahl von Verbrauchern entgegen, die bereit sind, für umweltverträgliche Produkte und gute Qualität auch tiefer in die Tasche zu greifen. Zur ProWein 2012 können sich Besucher zu beiden Entwicklungen umfassend informieren.

Der Autor Dr. Rolf Klein ist freier Weinjournalist und Autor.

 


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