Traubenreife zerstörungsfrei messen

Profil_webnwine_marcel_icon From Marcel MerzPremium_small, at 28. February 2012 06:54

Changins – Ein Winzer schaut sich im Rebberg die Trauben an und erkennt ohne aufwändige Analysen, wie reif sie sind. Ist so etwas möglich? In den letzten Jahren sind neue optische Messgeräte auf den Markt gekommen, welche den Reifegrad von Weintrauben im Rebberg prüfen können. Agroscope hat die Geräte getestet und stellt die ersten Ergebnisse vor.

Jedes Jahr veröffentlicht Agroscope für seine sieben Rebbau-Versuchsstandorte die Ergebnisse der wöchentlichen Analysen. Diese Daten werden während der Reifeperiode der Trauben an Rebstöcken vorgenommen und sind für den Schweizer Weinbau repräsentativ. Dazu nötig sind Stichproben: 200 Traubenbeeren werden im Labor mittels anerkannter Methoden chemisch analysiert.

Dieses Verfahren ist äußerst störungsempfindlich und aufwändig – Probeentnahme, Transport und Aufbewahrung der Beeren erfordern höchste Sorgfalt, weil die Beeren leicht oxidieren und gären können. Besonders die Inhaltsstoffe, die nötig sind, um das Potenzial zur Bildung von Phenolen in den roten Weintrauben zu bestimmen, reagieren extrem empfindlich auf äußere Einflüsse. Zudem basieren die Untersuchungen auf einer komplexen, aber nicht sehr exakten Methode. Deshalb können die Analyseergebnisse nur schwer interpretiert werden, dabei sind genau diese Daten zentral, weil sie einen Hinweis auf die Qualität des Jahrgangs geben.

In den letzten Jahren sind Messgeräte auf den Markt gekommen, mit denen Messungen direkt im Weinberg vorgenommen werden können. Ihr Vorteil: Probenahme und Analyse fallen weg – genau die Bereiche, die bei der herkömmlichen Methode zu großen Schwankungen der Ergebnisse führen. Eines der von Agroscope getesteten Geräte beruht auf der Fluoreszenztechnologie.

Messprinzip

Diese Technologie beruht auf der Eigenschaft des Chlorophylls und gewisser Polyphenole (namentlich Flavonole, Stilbene, Anthocyane), auf einer Wellenlänge zu fluoreszieren, die für sie charakteristisch ist. Bei der Reifung roter Trauben nimmt nämlich der Anteil der Anthocyane in der Oberhaut der Beere zu und überdeckt nach und nach die von den Chlorophyll-Pigmenten abgegebene Fluoreszenz. Anhand der unterschiedlichen Wellenlängen kann somit die Entwicklung der Anthocyane mit verfolgt und zahlreiche andere Informationen über die phenolischen Inhaltsstoffe der Beeren erhoben werden.

Test bestanden

Das Gerät wurde von Agroscope nicht nur für die Überwachung der Reifung direkt am Rebstock getestet, sondern auch zur Qualitätsprüfung getrockneter Trauben direkt in den Weinlesekisten sowie als Marker für Wasser-Stickstoff-Stress oder Fäulnis. Alle Tests ergaben nachvollziehbare Ergebnisse. Das Arbeiten mit dem Gerät entsprach den Erwartungen. Zudem konnten auch kleine Abweichungen zwischen den unterschiedlichen Testreihen problemlos gemessen werden. Die Überwachung der Phenolreife ist repräsentativ und sogar präziser als die herkömmlichen Extraktionsmethoden im Labor. Bis dieses Instruments aber als Entscheidungshilfe für den optimalen Lesezeitpunkt eingesetzt werden kann, sind noch Tests an Trauben erforderlich, die von ein und derselben Parzelle stammen, aber zu unterschiedlichen Zeitpunkten geerntet werden.

Fazit: Das getestete Gerät ist vielversprechend. Nicht nur weist es ein breites Spektrum an Möglichkeiten für die Reifeüberwachung direkt im Rebberg und die Qualitätsdiagnostik aus, es ist auch äußerst schnell. Hundert „1-Sekunden-Blitze” während eines gerade mal 15 Minuten dauernden „Rundgangs” durch den Weinberg entsprechen einer Probenahme an tausend Beeren. (agroscope)


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