1878 CHÂTEAU MOUTON-ROTHSCHILD (VERY LOW SHOULDER)

Gabriel_profil_icon de Rene GabrielPremium_small, le 20. janvier 2010 16:20

Wenn nicht am Schluss noch ein paar ganz grosse Mouton's im Glas gewesen wären - so hätten fünf sensationell gelungene Jahrgänge vom hauseigenen Rothschild-Cinquième-Cru Château Clerc-Milon dem wesentlich teureren Premier fast die Show gestohlen...

Ort: Restaurant Old-Swiss-House zum alljährlichen Mouton-Memory-Treff. Gleich zu Beginn musste ich gute und schlechte Nachrichten verkünden:
Die schlechte: Der 1995 Mouton korkte.
Die gute: Philipp Buholzer hatte noch zwei Kisten in seinem Keller.
Die schlechte: Nicht im Restaurantkeller, sondern am anderen Ende der Stadt.
Die gute: Trotz schlechtem Schneewetter war er bereit eine Flasche dort zu holen.
Die schlechte: Er war mit seinem Motorrad da.
Die gute: Bereits nach einer Viertelstunde war er wieder zurück.
Die schlechte: Er fiel direkt vor dem Restaurant im Scheckentempo auf die Schnauze.
Die gute: Die Flasche Mouton 1995 blieb ganz.

Clerc-Milon: Dieser Cinquième ist eigentlich viel zu wenig bekannt. Etwas gröber in der Ausstattung als der Grand-Puy-Lacoste und nicht so bombig wie der Lynch-Bages, gehört er doch (noch) zu den eher unerkannten Grand-Cru-Werten der Médoc-Klasse. Jung und fleischig der 1986 (18/20). Diskret und fein wie ein nobler St. Julien - der 1988 (18/20), Füllig und heiss wie ein anspruchsvoller Pomerol, der 1989 (18/20), sexy und ziemlich sicher besser als der Mouton aus dem gleichen Jahrgang, der 1990 (19/20), und noch jung und erstaunlich konzentriert, der 1995 (18/20).

Weniger spektakulär waren dann ein paar schwierige Mouton-Jahrgänge wie 1969, 1972, 1981, 1984. Eine hochschlanke, aber noch intakte Magnum Mouton Baronne 1978 (16/20). Eine korkige Magnum 1980 Mouton. Würzig und voller Aromen, eine vom Etikettenkünstler Hans Erni handsignierte Magnum Mouton 1987 (18/20). Seit Jahren ist dieser kleine Jahrgang immer noch ganz gross. Motto: Öffnen und saufen! Und eine noch total verschlossene Magnum 1994 (19/20). Hier war die Normalflasche letztes Jahr deutlich präsenter.

Fünf grosse Moutons zum Schluss: Eine erotische Pauillac-Caramel-Pralinen-Weincreme, der 2003 (19/20), total verschlossen und kompakt mit viel Potential der 1995 (19/20), extrem tiefschürfend schwarzen Aromen der unzerstörbare 1986 (20/20), pferdig-süss mit Perubalsamtouch, der 1983 (19/20) und eine sensationelle Flasche 1982 (20/20) mit dem berühmten Cassis-Röstton in Reinkultur und Perfektion.

Klar wusste ich aus ein paar früheren Erlebnissen, dass der Bordeaux-Jahrgang 1878 ganz gross sein könnte. Aber was erwartet man von einer Händlerabfüllung Mouton aus diesem Jahrgang, wenn in der Flasche der obere Viertel Flüssigkeit fehlt? Ich hatte zwar mal die Theorie aufgestellt, dass - wenn nur Wein raus läuft, zwar der Schwund gewaltig sein kann, aber trotzdem der Wein vorne abdichtet und so die Oxydation verhindern kann. Als Beispiele hatte ich den 1881 Léoville-Barton, den 1878 Pontet Canet, 1878 Lagrange und den 1899 Branaire Ducru in Erinnerung, die alle mit dem höchst gefährlichen Niveau «very low shoulder» (sehr tiefe Schulter) ausgestattet waren. Also nicht mehr in der Schulter selbst, sondern bereits nur noch im obersten Drittel des geraden Flaschenteils. Und alle diese Flaschen zeigten sich noch zwischen sehr gut und gross. Also wie würde dann dieser 1878 Mouton sein, den ich ohne zu dekantieren, direkt nach dem Öffnen, ohne vorher zu probieren, den Gästen persönlich einschenkte? Er war gewaltig!

1878 Château Mouton-Rothschild: De Luze-Abfüllung, very low shoulder. Die Farbe extrem dunkel, nur Nuancen von Reifetönen zeigend und noch in leuchtend mit sattem, dunklem Weinrot in der Mitte. Der Duft war von Beginn weg schlichtweg umwerfend, süss, süss und nochmals süss, also typisch Mouton-like, viele Kräuter, Zitronenthymian ganz zuforderst, dann etwas wilder Rosmarin und zärliche kleine Minzblätter, sowie würzig-trockenes Rosenholz, darin noch erstaunlich viel Fruchtresten. Im Gaumen durch seine noch sehr präsenten Gerbstoffe im Charakter gestützt, die Tannine wiederum süss, sich mit dem Fleisch und dem Extrakt vermischend und auch hier noch deutliche Fruchtresten die sich mit einem markanten Terroir-Parfüm vermischten. Ich beobachtete den Wein gut eine halbe Stunde lang. Er stand da wie eine «önologische Eins» und legte immer wieder um feine Nuancen zu. Ein grosses, legendäres Pre-Philoxera-Altweinerlebnis. 20/20 austrinken

 


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