Kellereien beziehen mehr Qualitätswein aus Rheinhessen

Sigi_hiss_kopf_lachend_icon de Sigi HissPremium_small, le 25. août 2011 08:03

Autor: Bernd Wechsler Von den großen Anbaugebieten ist die Pfalz besonders stark von der aktuellen Situation am Weinmarkt betroffen. Nicht nur die schwierigen Bedingungen des Jahrgangs 2010, auch die enormen Ausfälle durch Hagelschlag haben das Anbaugebiet kräftig gebeutelt. Die Anstellungen zur Jahresmitte sind um fast 20 % zurückge­gangen. Viele direkt vermarktende Weingüter mussten Weine bei Kollegen zukaufen, um die Vermarktung aufrecht halten zu können. Ent­sprechend eng wurde der Markt für die Kelle­reien, denn die Preissteigerungen taten ein Üb­riges. So steht nach Jahren des konstanten Wachstums beim Handel ein Minus von 30 % gegenüber dem Halbjahr 2010. 

Dass die Herkunft der Weine für den Handel heute in großen Teilen austauschbar ist, zeigt, dass die Qualitätsweinmengen aus Rheinhes­sen – trotz der mengenmäßig ebenfalls kleinen Ernte – gestiegen sind. Was die Kellereien in der Pfalz nicht einkaufen konnten, wurde aus Rheinhessen bezogen. Die Anstellungen aus Rheinhessen sind in 2011 um 7,6 % gestiegen. Allein die Kellereien haben über 100.000 hl mehr rheinhessischen Qualitätswein angestellt als im Vorjahr. Der Puffer des dreistufigen Men­genmodells von Qualitätswein, Tafelwein und Verarbeitungswein wurde genutzt. Tafelweine und Verarbeitungsweine wurden so gut wie nicht gehandelt. Die Winzer vermarkteten nahezu die gesamte Ernte als Qualitätswein.

Klassische Rebsortenweine auf stabilem Niveau

Die wichtigste Rebsorte in Rheinland-Pfalz ist und bleibt der Riesling. Nach einer kleinen Wachstumsdelle im 1. Halbjahr. 2009 und kräfti­gen Zuwächsen in 2010 (+ 11%) blieb die An­stellungsmenge mit über 650.000 hl im 1. Halb­jahr 2011 trotz des Rückgangs um 5 % ver­gleichsweise stabil. Auch beim Riesling machte sich die niedrige Erntemenge in der Pfalz be­sonders bemerkbar.

Eine stabile Größe auf dem rheinland-pfälzi­schen Weißweinmarkt ist der Müller-Thurgau. Über zwei Drittel der rd. 250.000 hl wurden von Kellereien angestellt. Übrigens zum weit über‑

 

wiegenden Teil in der trockenen Geschmacks­richtung. „Müller-Thurgau trocken“ (gerne auch in der Literflasche) ist eine fest eingeführte und konstante Größe im Lebensmittelhandel und Discount.

Über alle Betriebstypen kontinuierlich anstei­gend ist der Grauburgunder. Klar im trockenen Geschmackskorridor positioniert, erfreut sich dieser einer immer größeren Beliebtheit. Glei­ches gilt mit leichten Abstrichen für den Weiß­burgunder, der unter dem Strich ebenfalls stei­gende Tendenz hat.

Mit weitem Abstand wichtigster Rotwein ist und bleibt der Dornfelder. Die Anstellungsmengen von Dornfelder Rotwein sind aber bereits im dritten Jahr in Folge zurück gegangen. Im Ver­gleich zum 1. Halbjahr des Vorjahres gar um 18 %. Die unterdurchschnittlichen Erntemengen der letzten Jahre (vor allem in der Pfalz) schlagen sich deutlich auf die Zahlen nieder und verstär­ken den Trend nochmals. „Was kommt nach dem Dornfelder-Boom?“, fragt sich die Branche zurzeit. Auf dem Rotweinmarkt wird der Dornfel­der aber wohl sicher für den Einstiegsbereich alternativlos bleiben. Cuvées spielen auf dem Markt auch bei Rotwein kaum eine Rolle. Und Spätburgunder ist im Vergleich ein „schwieriger“ Rotwein – sowohl in der Produktion, als auch im Verkaufsregal des LEH.

Auch wenn die Anstellungszahlen rückläufig sind, senden die derzeitigen Dornfelder-Fass­weinpreise eindeutige Signale an den Winzer. Die wieder steigenden Neuanpflanzungen spre­chen eine klare Sprache. Winzer setzen auch in Zukunft auf den Dornfelder – sowohl als Rosé- und als Rotwein. Alle anderen internationalen Rebsorten, die sich bei den direkt vermarkten‑

den Winzern großer Beliebtheit erfreuen, haben auf dem Markt keine große Bedeutung.

Qualitätsweine ohne Rebsorten­angabe verlieren

Weiter auf dem absteigenden Ast sind Weiß­weine ohne Rebsortenangabe, die überwiegend als generische Weine, wie z.B. als Liebfrauen­milch oder unter der Großlagenbezeichnung, vermarktet werden. Diese einfachen Weine ge­hen zu einem großen Teil in den Export, wo derzeit vor allem der englische Markt große Probleme macht. Die Umsatzrückgänge in Großbritannien (-33%) dürfen durchaus als dra­matisch bezeichnet werden. Was den Kellereien auf dem deutschen Markt gelungen ist, nämlich mit klassischen, trockenen Rebsortenweinen zu punkten, will auf der Insel nicht funktionieren.

Fazit

Die Anstellungszahlen von Qualitätswein in Rheinland-Pfalz sind im 1. Halbjahr 2011 deut­lich zurückgegangen. Kellereien stellten über 110.000 hl weniger an.

Die klassischen weißen Rebsorten, allen voran der Riesling, sind dennoch gut nachgefragt. Trotz der Rückgänge beim Dornfelder Rotwein bleibt seine herausragende Stellung wohl auch in Zukunft bestehen. Interessant wird sein, ob es gelingt, bessere Qualitäten am Markt zu positio­nieren.

Kurz vor der Ernte 2011 ist eine spannende Marktsituation entstanden. Die kleinen Ernte­mengen in den rheinland-pfälzischen Anbauge­bieten haben die Preise kräftig ansteigen lassen. Einige Kellereien befürchten Auslistungen. Die preissensiblen deutschen Verbraucher reagieren zum Teil mit Kaufzurückhaltung.

Autor: Bernd Wechsler

Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Kompetenzzentrum Weinmarkt & Weinmarketing Rheinland-Pfalz Wormser Straße 111, 55276 Oppenheim, 06133-930 311


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