Erst bis auf null Gramm Restzucker durchgegoren & dann doch noch mit Restsüße gearbeitet. Oder anders ausgedrückt, der Honig wurde erst zum Schluss um die (Winzer-)Bärte geschmiert. Trotzdem wurde etwas erreicht.
Eine grundlegende persönliche Bemerkung vorab. Dem burgundischen Vorbild hinterher zu laufen, halte ich für komplett falsch. Wir hatten (haben) ein eingeführtes System der Prädikate, dieses hätte der VDP entstauben & vereinfachen können. Man hätte Zeit & Geld investieren müssen, dieses System der Weinwelt besser zu erklären. French Copy & Paste aber ist fehl am Platz. Es wird immer wieder das Argument angeführt, das deutsche Bezeichnungsrecht ist kompliziert. Richtig. Das Burgundische ist keinesfalls einfacher, das genaue Gegenteil ist der Fall. Das weiß jeder, der sich mit dem System Burgund befasst hat. Und wer sich inzwischen im Burgund auskennt, der hat sein Vokabular an Flüchen massiv erweitert. Wenn einfach & verständlich, dann im Bordelais. Mit dem Château ist auch die Qualität verbunden. Wohlgemerkt in beide Richtungen. Da interessiert die Lage & deren Einstufung nur im Hintergrund, & nur den Winzer. Es ist so einfach in Bordeaux. Nun muss man fairerweise sagen, das Spektrum an Traubensorten & Weinstilen ist im VDP weitaus umfangreicher wie im Bordeaux. Nur ist das Bordeaux System sehr viel leichter adaptierbar als jenes des Burgunds. Aber ein schlichtes kopieren des Bordelaiser Systems ist nicht weniger verkehrt, wie das Nachahmen der burgundischen Lageneinteilung.
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ABER. Der VDP hat sich 2002 zum burgundischen System durchgerungen, also ist es nur richtig, diese damalige Grundsatzentscheidung jetzt in aller Konsequenz fortzuführen! Ein zurück an den Start gibt es nicht mehr. Deshalb muss man mit dem Beschlossenen arbeiten & es immer weiter optimieren. Und, ein Träumer ist, der meint ein Verband könnte es jedem Recht machen. Schon gar nicht lässt sich ALLES in einem Rundumschlag erledigen. Zeit für Konsens.
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Die einzelnen Beschlusspunkte
Das Anliegen des VDP mehr Klarheit zu schaffen, ist mit dieser Einteilung der Lagen bzw. implizierten Qualitäten vorbildlich. An die Begrifflichkeiten wird sich der Konsument gewöhnen, so wie an die französischen auch. Es braucht schlichtweg seine Zeit.
Die gewünschte Auflösung des Widerspruchs in der Bezeichnung (Erste Lage & Grosse Gewächse) ist erreicht. Und eine zusätzliche Kategorie ist hiermit auch nicht eingeführt – was vorher der Begriff Klassifizierte Lage war, ist nun ersetzt durch den Begriff Erste Lage.
Damit sind die Lagen gemeint , die vorher als Klassifizierte Lagen (jetzt Erste Lage) bestand hatten, nochmals sehr kritisch zu prüfen. Man will wohl damit verhindern, dass die Ersten Lagen inflationäre Ausmaße annehmen. Ob da wirklich die Anzahl Erster Lagen kleiner wird, liegt nun in den Händen der Regionalverbände bzw. deren Disziplin, strikt durchzugreifen. Ein erster Hauch von Restsüße.
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Siehe Punkt 2. Hier soll die Theorie in die Praxis umgesetzt werden. Allerdings ist es nur eine Option & wenn ja, dann wird der Zeitpunkt den Regionalverbänden überlassen. Somit wird dem Chaos wieder die Türe geöffnet. Eine Region führt es ein, die nächste wieder nicht. Und wiederum andere erst in einigen Jahren. Mein Verständnis war, dass man mehr Klarheit schaffen will. Ein Mehr an einheitlicher Außendarstellung über alle Verbände hinweg, erreicht man dadurch nicht. Hier dann Restsüße in rauen Mengen.
Siehe Punkt 4. Die Winzerbärte sind voller Honig, der Bär ist im Anmarsch.
Dem kann man nur voll zustimmen. Das Grosse Gewächs etabliert sich national als auch international immer mehr.
Eine sehr problematische Entscheidung, denn das wird vielen Winzern der Boden unter den Füssen wegziehen. Zumindest eine gewisse Zeit lang. Kabinett, Spätlese, Auslese stehen auch für trockene Versionen, mindestens genauso wie für fruchtsüße Weine. Die Festlegung auf nur fruchtsüße Weine schafft aber mittelfristig mehr Klarheit, es wird einfach nur Zeit brauchen.
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Mein Fazit
Es ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Man darf nie vergessen, es sind um die 200 Winzer im VDP. Also 200 verschiedene Charaktere, davon mindestens 150 Sturköpfe , sicherlich 200 Einzelkämpfer, auch 200 Weinideologien, 200 Familien – man kann diese Liste endlos fortführen. Dann haben wir noch die unterschiedlichen Regionalverbände, die unterschiedliches Gewicht im Bundesverband haben. Ebenso wie einzelne Personen, die unterschiedlich großen Einfluss besitzen. Den VDP so zu führen, dass alle in eine Richtung marschieren, ist sehr wahrscheinlich mit dem Hüten des allseits bekannten Sackes voller Flöhe vergleichbar.
Trotzdem lieber VDP fehlt nicht nur in diesem Beschluss eine gehörige Portion an Konsequenz & Gradlinigkeit. Mit den vielen Ausnahmen & den sowohl zeitlichen als auch strukturellen großen Spielräumen wird vieles komplizierter. Wie erklärt man dem Weintrinker als auch den internationalen Fachleuten, dass beispielsweise Rheinhessen die Erste Lage eingeführt hat, Franken aber beschlossen hat, dies nicht zu tun. Oder gehen wir positiver ran: Alle Regionalverbände haben beschlossen, dass die Erste Lage eingeführt wird. Baden setzt das für 2014 um, Württemberg in 2016 & die Pfalz erst im Jahr 2019. „Mit dem Hintern wieder einreißen ein, was mit den Händen aufgebaut wurde“. Sie drängt sich leider auf, diese Redensart.
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