Sigi Hiss: 2008 Quinta da Leda – Moderne Lady ohne Schminke aber mit Botox

Noimage_icon de Peter NiederhauserPremium_small, le 14. mars 2012 13:41

Diesen Wein setzte uns in Porto im Herbst 2011 (Peer Holm, Kristine Bäder & mir) ein portugiesischer Weinjournalist vor die Nase.

Sechs Weine zeigten schwerpunktmäßig das Spektrum an Portugals Rotweinen auf. Nicht umfassend, sondern nur auf die wesentlichen Stilrichtungen beschränkt Der 2008er Quinta da Leda wurde in der Kategorie modernes Portugal ausgewählt. Die Quinta da Leda ist nicht unbekannt, der Konzern dahinter ist ein Big Player im boomenden Weinland Portugal – Sogrape Vinhos. Da stehen Namen wie Porto Ferreira oder Casa Ferreirinha neben dem weltberühmtem Mateus Rose oder Sandemann im Programm. Sogrape Vinhos vereinigt dabei doch einige Gegensätze miteinander und das in erstaunlich harmonischer Art & Weise. Masse & Klasse. David & Goliath. Tradition & Moderne.

Die Klasse, den David & die Moderne aus dem Regal nehmen und mit genügend Sorgfalt cuvéetieren – Quinta da Leda. Von diesem Betrieb wird auch der unter Kennern gerühmte Barca Velha produziert. Er wäre die Wahl gewesen, ersetzte man die Moderne mit der Tradition.

Eine Gemeinsamkeit vieler roter Portugieser ist das massive Tanningerüst. Die Frucht presst sich zwar mit aller Gewalt in Richtung Rezeptoren, aber nur wenig passiert die Tanninschranke. Und das ist halt nicht der weltweit aktuelle Mainstream, nicht die easy-going & selling Verkaufsschiene. Aber dieser 2008er Quinta da Leda hat den Weg von der Tradition bis zur Moderne bravourös gemeistert. An den schmierigen und aalglatten Softie denkt man deswegen nicht eine Sekunde. Ein halbes Jahr später (März 2012) steht der Wein wieder vor mir. Ich habe den 2008er Quinta da Leda 3 Stunden dekantiert und über 3 Tage immer wieder probiert, getrunken und genossen. Und ja, es passt. Für die ca. 30.- Euro, die man für eine Flasche bezahlt, hat man einen richtig gut gelungenen, modernen und trockenen Rotwein aus Portugal im Keller. Wenn gewollt, darf er dort auch mal eine Zeit lang vergessen werden.

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Die Notiz

Probiert: nach 3 Std. dekantieren abends, 2. Tag morgens, 2. Tag abends, 3. Tag abends.

Anfangs offen, dabei mit sehr dichtmaschiger Frucht. Schwarze vollreife Beerenfrüchte, erdig-herb daherkommend plus mit Roter Beete, die für mich eben das Erdige bringt. Weiter dann mit schwarzen würzigen Brombeeren, auch einem Hauch Holunderbeeren & schwarzem Pfeffer, es könnten auch 2 Körnchen Muskatnuss mit dabei sein (soll ich hier jetzt ein Smilie setzen oder nicht?). Trotz der wirklich enorm dichten und tiefen Nase ist sie zwar noch kompakt aber nie marmeladig – was ich persönlich sehr schätze! An Tag 2 etwas feingliedriger, warum? Die Frucht ist nicht mehr so kompakt, sondern offener und seidiger. Grundsätzlich bleibt die Aromatik wie zu Anfang aber es kommen noch etwas herbe Noten dazu. In die Richtung von Wacholderbeeren, von schwarzen getrockneten Kräutern & irgendwie auch Schattenmorellen schmeckend. Alles in allem – klasse.

Der Eindruck der Nase eines dichten, kompakten Weins steht auch im Mund an erster Stelle. Zuerst kommt das satte aber geschliffene, leicht mehlige Tannin um die Ecke. Die recht klare aber saftig wirkende Säure ist auch parat und steht dem mehligen Tanningerüst bestens gegenüber. Beide bilden das Rückgrat aber auch den Gegenpart zur enorm dichten, auch im Mund nie marmeladigen Frucht. Die mineralische Komponente hält sich vornehm zurück, dafür ist die Konzentration der Frucht zu dominierend. Mit der Zeit ist er offener, feingliedriger und tiefer. Schlanker, obwohl sich das bei diesem Wein etwas seltsam liest. Die Aromen der Nase finden sich auch im Mund wieder, es kommen noch etwas schwarzer Ruß, reife Walnuss & Schiefer dazu. Balance. Bestes Lagerpotenzial. Moderne Lady ohne Schminke aber mit einer Botox Infusion. Der Abgang ist ein sehr langer, sehr dichter & (selbst am 3. Tag noch) kompakter Abgang. 18/20, 2013-2025


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