Sigi Hiss: Besser als erwartet – Bordeaux der Jahre 1978, 1979 & 1981

Img_3280-klein_icon de Peter NiederhauserPremium_small, le 25. juin 2012 14:17

Sigi Hiss -  Auf Einladung von Patrick Thalmann, Weinliebhaber und Genussmensch, wie er im Buche steht, stand eine ausgiebige Bordeaux Degustation auf dem Programm. 1978, 1979 und 1981. Keiner dieser drei ist ein Jahrhundertjahrgang und präsentiert sich deshalb auf Auktionen und im Handel mit noch humanen Preisen. Relativ betrachtet zumindest, denn ein Château Mouton Rothschild oder Château Latour kostet ja nie nur ein paar Euro oder Franken. Auch in mäßigen Jahrgängen sind das beileibe keine günstigen Weine.

Start war zur Mittagszeit mit einem Apéro und anschließendem Mittagessen. Und gleich in die Vollen ging es mit dem sogenannten Pegelweinen, ein 1978er Mouton Rothschild und ein 1980er Mayacamas, blind versteht sich. Dreier Serien von je einem Weingut waren angesagt, das Château wurde bekannt gegeben nicht aber die Reihenfolge der Jahrgänge. Es folgte nach dem Einpegeln Cheval Blanc aus dem Saint-Émilion , danach Cos d’Estournel aus dem Saint-Estèphe und ein US-Rindsfilet von bester Güte. Der willkommenen Unterbrechung durch das amerikanische Rind war dann Pauillac im Glas. Château Pichon Longueville Comtesse de Lalande zuerst und darauf folgend Château Latour. 

Als es gegen 18:30 mit einer gebratenen Gänseleber weiterging, wurden die weißen 2004 Smith-Haut-Lafitte und 2007 Haut Brion (sehr teurer & selten) serviert. Eines stand für jeden schon mal unverrückbar fest: man kann einen Samstag um einiges schlechter verbringen! In einem Flight hatten Patrick Thalmann und Ernst Manser, als nächstes dann einige 1979er zusammengefasst. La Lagune aus dem Haut-Médoc, nochmals den Cheval Blanc und Figeac ebenfalls aus St. Emilion. Lafite Rothschild, Palmer, Margaux und dazwischen Ragout von der geschmorten Lammhaxe auf grilliertem Antipastigemüse. Und nach den Weinen von Château Margaux, gab es Moutathaler Kalbskotelett mit Morchelrahmsoße, Eierspätzli. Alles andere als kleine Portionen, die Kälber aus dem Moutathal müssen halbe Ochsen gewesen sein. Haut Brion setzte mit einer Saint Julien Serie aus 1981 Gruaud Larose, 1978 Léoville Las Cases und 1978 Ducru Beaucaillou den Schlusspunkt. Bei den Roten. Denn ein 1983er Château Yquem wurde zum ebenfalls nicht kleinem Apfelstrudel geöffnet. Irgendwann spät abends sind alle Teilnehmer glücklichst nach Hause gefahren oder gefahren worden. Die hier nicht aufgezählten Weine aber bei den Degunotizen aufgeführten, waren Tsichweine nochmals extra zum Essen.

Viele Weine, wenn nicht fast alle kamen aus dem kühlen Keller von Ernst Manser, waren also perfekt gelagert und hatten nicht die so oft übliche Weltreise hinter sich. Ein unbezahlbarer Vorteil, wenn es um gereifte Weine geht. Patrick Thalmann für die Organistaiom und Ernst Manser für die Bereitstellung der Weine ein großes Dankeschön! Dieser unvergessliche, weil wunderschöne und genussvolle Samstag fand im Leutschenhaus in Freienbach statt. Rundum gelungen, sich wohlfühlen und sehr gut essen und trinken – auch das eine Empfehlung.

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Degustationsnotizen

 1978 Mouton Rothschild: Mittlere Intensität, mürbe angetrocknete rote Waldbeeren, etwas gezerrt wirkend, Dörrfrüchte, Hauch oxidativ, mittlere Tiefe, recht lebendig.

wirkt auch hier gezerrt, mit leicht sperrigem sprödem Tannin & etwas fester Säure, dazu mürbe rote Waldbeeren & nasser Waldboden, mittlere Tiefe & Komplexität, erdig, viel Leder, etwas flüchtige Säure, absolut noch trinkbar aber die Substanz ist weg, sehr langer knochentrockener Abgang. 15.75/20, bis

 1980 Mayacamas: offen & kraftvoll, sehr dicht, anfangs elegant & sehr komplex wirkend, getrocknete Peterle & Minze – verstärkt sich im Glas, getrocknete Brombeeren & ganz reife Holunderbeeren, dabei etwas dezent flüchtige Säure, wird mit Luft immer balancierter & eleganter, Flüchtige wird deutlich weniger.

Kraftpaket sehr gut balanciert, knochentrocken, sandiges eher dezentes Tannin, feste Säure, enorm mineralisch wirkend, Kalkstaub, nasse Kieselsteine, etwas heller Schiefer, dito Nase, etwas weniger Wucht & es wäre ein absolut grandioser Wein, sehr langer, trockener & kraftvoller Abgang. 17.25/20, bis

1978 Cheval Blanc: mittlere Art, dezent & filigran, feingliedrig, etwas angetrocknete rote Beeren, Hauch Zedern & Tabakblätter, Grafit, sehr tief, sehr komplex, Eleganz zeigend.

satter zugleich rassiger Stil, feinkörniges Tannin, frische klare nie scharfe Säure, wieder feingliedriger Typus, sehr gut ausbalanciert, dito Nase plus etwas Cassis & Erdbeerblätter, Eleganz, Finesse, stimmig, sehr langer, mineralischer & feiner Abgang. 17.5/20, bis

1981 Cheval Blanc: mittlere Art, anfangs etwas staubig & muffig, Bitterschokolade & etwas Walnuss, wunderbar komplex & gute Tiefe, verliert den Muff nach 20 Minuten, Kalkstaub, Schwarztee, legt enorm zu.

kompakt, sehr dicht, eng verwobenes aber reifes Tannin, sehr saftige Säure, elegante Struktur, dunkle leicht süssliche Schokolade, Hauch rote reife Johannisbeeren & rote Beete, etwas reife Walnuss & Hauch Grafit, wieder das Kalkige, sehr langer, eleganter Abgang. 17.5/20, bis

1979 Cheval Blanc: offen, sehr elegant & fast seidig wirkend, enorm komplex & tief, Grafitpulver, sehr würziger Stil, schwarzer & weisser Pfeffer, getrocknete Minze, Hauch schwarze Kirsche, Leder, sehr stimmig.

kraftvoll, trotzden balanciert & mit Finesse, fein zieselierte Säure & samtiges Tannin, hochelegant & samtige Struktur, dito Nase plus etwas mehr schwarze Früchte, Hauch Trockenpflaume & Teernoten, enorm langer, vielschichtiger Abgang. 18/20, bis

1981 Cos d’Estournel: offen, deutlich oxidative Art, süssliches Malz, getrocknete Pflaumen & Datteln, leicht muffig-staubig, gezerrt aber noch mit Leben.

deutlich besser im Mund, prägnante spürbare Säure, sprödes Tannin, daneben aber saftige Frucht, dunkle reife Früchte, schwarze Kirschen, körnige Art, fest & kompakt wie ein Saint-Estephe eben, kernig, burschikos, im Mund kommt dann auch sehr deutlich die oxidative Note, sehr langer Abgang. 15.75/20, bis

1979 Cos d’Estournel: offen, kalter Rauch, reife schwarze Beeren, herbe Kräuter dazu, dunkle Oliven & Schwarztee, kompakt, tief.

kraftvolle Struktur, sattes leicht mürbes Tannin, kräftige Säure, relativ konzentrierte Frucht, burschikoser Stil mit Charme, mittig am Gaumen sehr mineralisch, gewinnt mit Luft an Balance, etwas fehlende Substanz, sehr langer, dichter & leicht rotbeeriger Abgang. 16.75/20, bis

1978 Cos d’Estournel: mittlere Intensität, feinmaschig & elegant, Leder, etwas weisser Pfeffer & Zimt, dezente reife Erdeeren & Kirschen, steinig, wunderschön komplex & tief.

dichte Art, kraftvoll zugleich balanciert & mit fester aber reifer Tanninstruktur, runde Säure, dunkle fast schwarze Früchte, Pflaumen, Pflaumenhaut, Schwarzkirsche, Grafit, würzig, helles Leder, sehr stimmiger Estephe, sehr langer, würziger Abgang. 17.75/20, bis

1978 Pichon Comtesse: TCA

1979 Pichon Comtesse: mittlere Intensität, erdige Noten, Wacholderbeeren, Schokolade & Noten von Nugat, speckiges Leder, getrocknete Erdbeeren, weisser Pfeffer, sehr gute Tiefe & Komplexität.

frische klare leicht zitronige Säure, mehliges Tannin, kompakt & kantig, trotzdem ein Schmeichler mit Kraft, wieder mit viel pfeffrigen Noten, Leder & heller Schokolade, reife Cassisnoten, ein kraftvoller Pauilac – maskuliner nicht feminier Stil, Potenzial, sehr langer, kraftvoller & lebendiger Abgang. 17.75/20, bis

1981 Pichon Comtesse: sehr dezente Nase, etwas erdig-herbe Noten, bleibt sehr verschlossen, auch 1 Std. später noch.

Kraft, Dichte, satte Mineralität, sehr frische klare Säure, mittleres leicht mürbes Tannin, wirkt strukturiert, nussige Noten, etwas Cassis & Blaubeerennoten, Hauch Schwarztee & Lorbeerblatt, etwas rustikal dennoch mit Stil, kernig, länger dekantieren!, sehr langer leicht herber Abgang. 17/20, bis

1979Latour: dezente Art, vollreife Waldbeeren, Kalkgestein, fest & relativ jung wirkend, herbe Waldkräuter & viel reife Walnuss, tief, komplex.

festes aber reifes Tannin, prägnate Säure, Kraft wird durch Tanninstruktur gebändigt, darunter fast saftig lockere Frucht, dito Nase plus deutlich mehr an rotschwarzen Früchten, etwas vollreife Himbeeren & rote reife Kirschen, länger dekantieren – mindestens 4-5 Stunden, sehr langer, sehr kompakter Abgang. 17.25/20, bis

1979 Latour: TCA

1981 Latour: anfangs dezent aber mit Luft offener werdend, Mix aus erdigen Noten & volleifen fast rumtopfartigen Früchten, angetrockneten Pflaumen & heller Schokolade, fülliger leicht überreifer Stil.

kraftvolle Struktur, viel reifes Tannin, passende Säure, kompakt & fest wirkend, jung, kraftvoll aber mit Balance, burschikos im besten Sinne, mit Luft kommt erdige rote reife Waldbeeren dazu, der Rumtopf fehlt, etwas helle Schokolade & mürbe dezente Brombeere, Karaffe, sehr langer noch kompakter Abgang. 18/20, bis

2005 Clerc Milon: typischer 05er, offen, konzentriert, anfangs noch etwas Fett & Opulenz, üppig, sehr dichte Aromen von roten & schwarzen Früchten, etwas Holunderbeeren, schwarze Oliven, Touch Lakritze, enorm tief nach 2 Std., 1 Tag vorher dekantieren, das leicht kompottige verliert er, dunkle Schokolade aber auch etwas bitter-herbe Walnusschale.

Abbild der Nase, Kraft & Konzentration die nicht überbordend ist, sattes reife leicht karamelliges Tannin, runde passende Säure, Aromen dito Nase, unbedingt dekantieren, jung trotzdem schon gut trinkbar – Karaffe mind. 5 Std., enorm langer, dichter & noch sehr kompakter Abgang. 18.25/20, bis

Niepoort Tawny 10: offen, wunderbar oxidativer Stil, feinster reifer Käse, Zitronat, Orangeat, Karamell, getrocknete würzige Datteln & Feigen, Spannung zwischen salzig & süss, herrlich tief & komplex, gelbe getrockente Früchte.

kraftvolle Eleganz, erfrischende Säure, wunderbar komplex & mineralisch, sehr gut integrierte Süsse, feines Karamell, viel süsser Tabak, Nugat, Cognacaromen, etwas geröstete Mandeln plus Aromen der Nase, sehr langer, kraftvoller & dezent salzig-mineralischer Abgang. 17.75/20, bis

Niepoort Tawny 20: trockener & noch Touch oxidativer wirkend wie der 10-jährige, rassiger, getrocknete Orangenschale, etwas Bitterschokolade, dichte Karamellnoten, Hauch sehr würziger Honig, warmer Lebkuchen, etwas getrocknete Datteln, würzig, enorm tief & komplex.

umgekehrt – am Gaumen süsser wirkend als der 10er, etwas fetter & dichter, schönes Süsse-Säure Spiel, kraftvoll mit ausgleichender Süsse, dito Nase plus etwas mehr Karamellnoten & geröste Mandeln & Haselnüsse, enorm langer, kraftvoller & ausladender Abgang. 17.75/20, bis

2000 Meursault Goutte d’Or Buisson-Charles: offen, sehr mineralisch mit dichten Feuersteinnoten, leichten schwefligen Zündholznoten, zugleich “öliger” Eindruck, Petrol & Dieselnoten, sehr tief, sehr komplex & dicht, Orangeat, herber Zitronenabrieb, mit Luft etwas Melisse & auch exotischer Touch.

enorme Mineralität, dicht, kompakt & fast noch verschlossen wirkend, satte zugleich saftige Säure, noch etwas phenolisch, sehr strukturiert, wirkt noch jung & unfertig, dito Nase plus Quittenhaut & leicht pfeffrig, kann noch deutlich zulegen, sehr langer kraftvoller Abgang. 17.25/20, bis

2004 Smith Haut Lafitte: offene Art, sehr reifer exotischer Stil, vollreife Mango & Papaya, reife Stachelbeere, feinwürzige Noten vom Barrique, Touch Homig & Hauch helles Karamell, sehr tief & sehr komplex, mich wundert die schon recht deitliche Reifes der Nase,

saftige eher feingliedriger Stil, wunderbar fein ziselierte Säure, feinnerviger Wein, samtige rassige Mineralität, bestens ausbalanciert, gewisse samtige Frucht & daneben eine schmeckbare leicht phenolische Art, gibt Struktur, Klasse, sehr langer, saftig-rassiger Abgang. 17.75/20, bis

2007 Haut-Brion blanc: sehr unruhig, stumpf & matt, Gegenteil von präzise, etwas gelbe Frucht, fehlerhafte Flasche?

dito, extrem unruhig, etwas CO2, leichte Schärfe, ??, weder Aromatik noch Stil des Weines greifbar, Flasche nicht in Ordnung.

1981 La Lagune: eher dezenter Stil, herbe erdige Noten, herber Stil, etwas Cassis, kühl, Walnussschale, etwas Zedern & Tannennadeln, kompakt & tief.

sattes noch festes Tannin, saftige Säure, erdige-herbe Noten, Kalkboden, kraftvoll & mit Kanten, Unterholz, dazu kühle rote Frucht, rote Kirschnoten, grüne Kräuter, Charakter, nicht unreif oder dünn, 3 Std.dekantieren, sehr langer, fester feinherber Abgang. 17/20, bis

1979 Cheval Blanc: TCA

1979 Figeac: offen, viel grüne & rote Paprika, herbes Gemüse, etwas Artischocke, dahinter dezent rote Kirsche, nussig & leicht Astwerk, tief.

dicht zugleich aber sehr elegant & engmaschig, recht klare Säure, mineralisch, rassiger eher erdiger Stil, absolut keine Fruchtbombe, leicht sperrige Frucht, kühle Waldkräuter, Waldboden, grundsätzlich etwas grün daherkommend, sehr langer Abgang. 16.5/20, bis

1981 Lafite Rothschild: mittlere Intensität, Kieselsteine, etwas Kirschkerne, trocken, leicht gezerrt wirkend, kühle ätherische Noten, mittlere Komplexität.

wunderbare Balance, elegant, saftige Säure & samtig-körniges Tannin, dito Nase plus Grafitpulver & Hauch (...)


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