Tempranillo zählt fraglos zu den großen Rotweinsorten der Welt und ist aufgrund ihrer Verbreitung zur wichtigsten roten Sorte auf der iberischen Halbinsel aufgestiegen. Allein in ihrem Herkunftsland Spanien nimmt sie deutlich über 200.000 ha Rebfläche ein, dazu kommen noch einmal rund 25.000 ha auf der portugiesischen Seite, wo sie inzwischen auch eine Führungsposition einnimmt.
Tempranillo nimmt im spanischen Weinsektor eine Schlüsselstellung ein, historisch wie qualitativ. Wagt man einen Blick zurück in die spanische Weingeschichte der vergangenen eineinhalb Jahrhunderte, dann lässt sich anhand der Tempranillo der Weg in die Moderne und damit auch in den beispiellosen Boom, den Spaniens Weine auf den internationalen Märkten erfahren haben, auf beeindruckende Weise nachzeichnen.
Überzeugte im 19. Jh. die Tempranillo schon die französischen Weinmacher- und Händler, die Nordspanien als Quelle für Spitzenrotweine entdeckten, die den Verlust der eigenen Gewächse aufgrund von Mehltau- und Reblausbefall über mehrere Jahrzehnte hinweg ausglichen, erlebte die Sorte im vergangenen Jahrhundert einen noch heftigeren Nachfrageschub. Die Tempranillo wuchs zum absoluten Protagonisten des spanischen Weinbaus heran, geschätzt von Weinliebhabern auf der ganzen Welt.
Groß geworden ist die Tempranillo wie fast alle roten Sorten von Weltruf im Cuvée, denn klassische Rotweinbereitung verstand sich auch in Spanien als Vermählung verschiedener Sorten, um Balance und Haltbarkeit zu erzielen. Erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts im Zuge der technischen Entwickung bei der Weinbereitung rückten auch immer mehr reinsortige Tempranillo-Weine ins Rampenlicht. Heute stehen große Tempranillo-Weine für beide Varianten: als dominante Sorte in einer fein austarierten Cuvée oder reinsortig als markanter Rebsortencharakter.
Selbstredend war es die Rioja, welche den Tempranillo nach vorne brachte und mit ihren eleganten und enorm haltbaren Gewächsen einen völlig eigenständigen Rotweintypus entwickelte. Für eine noch stärkere und vor allem breitere Marktpräsenz sorgten auch die unkomplizierten und angenehm weichen Tempranillos aus Valdepenas, welche die Sorte im besten Sinne des Wortes noch populärer machten. Ganz neue Impulse gaben dann im Laufe der achtziger und neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts die neuen Aufsteiger-Gebiete Ribera del Duero und Toro, die den Weg zu modern-vollfruchtigen und kraftvollen Tempranillos vorgaben.
Der anhaltende Erfolg, welcher der Tempranillo zuteilwird, liegt nicht nur in ihren aromatischen bzw. geschmacklichen Eigenschaften begründet. Dass die Sorte auch vom gehobenen oder intellektuell anspruchsvollen Weinliebhaber und nicht zuletzt von den Profis d.h. von der internationalen Önologenszene hochgeschätzt wird, hat sie Charakterzügen zu verdanken, die eher unter der Oberfläche versteckt liegen. Die Tempranillo, auch Tinta del País, Tinta Fina oder Tinta de Toro genannt, zählt zu den wandelbarsten Sorten der Welt. Sie gilt als perfekte Bodeninterpretin und weist damit eine weitgefächerte Stilistik auf.
Die Faszination Tempranillo erklärt sich auch aus ihrem verblüffenden Reifepotenzial heraus. Ihr subtiler Reifungsprozess, am besten nachzuvollziehen bei traditionellen Riojas, verleiht der Rebsorte ihre ganz besondere Wertigkeit. Hinzu kommt natürlich ihre grandiose Tiefe und Saftigkeit, die wohl von den Weinmachern aus Ribera del Duero zuerst herausgearbeitet wurde sowie ihre beindruckende Mineralität und Konzentration, Merkmale großer Tinta de Toro-Weine aus der gleichnamigen Appellation im Westen von Kastilien & León.
Die thematische Verkostung „Tempranillo im Wandel der Zeit“ ging dem facettenreichen Charakter dieser außergewöhnlichen Rebsorte auf den Grund. Das Tasting zeigte didaktisch von alten zu neuen Jahrgängen, wie sich das Verständnis der spanischen Weinmacher in Bezug auf ihre große autochthone Sorte in den letzten zwei Jahrzehnten gewandelt hat. Als Beispiel dienten zunächst einige Weine, die man durchaus als Meilensteine in der Entwicklung der Tempranillo bezeichnen kann. Stilistik, die technische Umsetzung bestimmter Tempranillo-Charaktere sowie das berühmte Lagerpotenzial stehen bei diesen Gewächsen im Vordergrund. Die gereifteren Weine gaben zudem einen Einblick in die technische Entwicklung in den Kellern der spanischen Spitzenbetriebe. Der Einfluss der Klimaerwärmung und die damit zusammenhängenden Maßnahmen, welche von den Winzern und Weinmachern in diesem Zusammenhang getroffen werden sowie der eventuelle Einfluss, den diese wiederum auf die zukünftigen Weinstile haben könnten, waren ebenfalls Thema dieser kommentierten Verkostung durch die Welt der spanischen Tempranillos.
Darüber hinaus wiesen die verschiedenen Verkostungsblocks auf die unterschiedlichen Terroirs, oder besser spanisch ausgedrückt terrunos hin, welche der Rebsorte die größten Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Der Fokus lag auf Gewächsen, die ausschließlich aus den namhaften Appellationen entlang der beiden großen Weinflüsse des Landes, dem Ebro im Norden sowie dem Duero im zentralen Westen stammen. Im berühmten Duero-Tal arbeitet auch Weinmacher Ángel Anocíbar Beloqui, der zusammen mit David Schwarzwälder durch die Verkostung führte. Anocíbar wirkt seit eineinhalb Jahrzehnten im renommierten Finca-Weingut Abadía Retuerta, welches als Vorreiter in puncto Einzellagenweine auf der kastilischen Hochebene spanische Weingeschichte geschrieben hat. Der Weinmacherstar gilt als Spezialist für Tempranillos in Extremklimata und bereitet auf dem Südufer des Duero-Flusses einen legendären Single-Vineyard-Tempranillo.
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