Weingut Harkamp – verdeckte Qualitäten

Noimage_icon de Peter NiederhauserPremium_small, le 29. juillet 2013 18:32
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Familie Harkamp

Sigi Hiss – Vom Weingut Harkamp aus der Südsteiermark, hatte ich vorher nie  gehört. Genauer gesagt nie bewusst wahrgenommen, war da doch eine ältere Notiz aus dem Jahr 2009 in meiner Degu-Datenbank. Die Notiz hatte nichts zum Inhalt, was besonders aufregend oder aussergewöhnlich war. Nun bekam ich vor einigen Wochen drei Weine der Harkamps aus 2012 vor die Nase gesetzt. Mit Schraubverschluss, hochwertiger Ausstattung, zeitgemäss also. Wie immer wollte ich die Weine über drei Tage hinweg verkosten, es kam anders: Aus den drei angedachten wurden fünf. Und dabei ist es kein gutes Vorzeichen, stelle ich die angebrochenen Flaschen meinen lieben Nachbarn nämlich schon nach dem ersten Tag vor die Tür. Wenn doch, kamen diese über eine mässige Bewertung nicht hinaus.

Alle drei Weine stammen aus dem Flamberg, südwestlich von Graz aus der Gemeinde St. Nikolai im Sausal. Das Weingut selbst beschreibt den Flamberg als Sandhügel, durchzogen mit Muscheln und den Überresten eines urzeitlichen Korallenriffs. Man findet also Kalksteineinschlüsse im Flamberg, was bekanntlich nicht der schlechteste Untergrund für den Rebstock ist.

Sauvignon Blanc, Morillon und der Gelbe Muskateller standen jetzt vor mir. Morillon? Kein Chardonnay wie man oft noch lesen kann. Allernächste Verwandtschaft zwar, bekannt ist aber nur, wie beim Chardonnay, dass Pinot ein Elternteil ist. Der zweite Part ist noch unbekannt. Laut Aussage des Weinguts Harkamp, handelt es sich beim Wein “Morillon” um Chardonnay.

5 Tage

Aber warum wurden aus den schon langen drei, dann fünf unendlich lange Tage? Wie ein angezündetes Zündhölzchen die umliegenden Gerüche erst einmal überdeckt, so tat dies der Schwefel mit den Harkampschen Weinen auch. Am ersten Tag waren alle drei so was von zugeschnürt, dass ich mich ernsthaft fragte, wohin bittschön ist die Frucht ausgewandert. Die fand ich dann am zweiten Tag, wenn auch nur in homöopathischer Dosis. Abends dagegen öffneten sich die drei Weine dann und gaben doch etwas mehr von sich preis. Nun hoffte ich auf Tag drei und wurde nicht enttäuscht, im Gegenteil. Erst jetzt zeigte sich die wahre Qualität, die brutale Umklammerung aus Schwefel war vollständig gelöst und die drei konnten endlich tief und frei durchatmen.

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Was für eine unglaubliche Verwandlung die Weine doch vollzogen hatten. So ganz zufrieden war ich aber doch noch nicht, weshalb alle drei für weitere zwei Tage (offen) bei 12°C in den Klimaschrank strafversetzt wurden. Diese erzieherische Massnahme entlockte ihnen das letzte Quantum an Tiefe und Komplexität. Von wegen Müdigkeit oder Schlappmachen, keine Spur davon. Am Tag fünf schmeckten sie einfach am besten, noch den gewissen Tick besser eben. Nun kann und will man nicht Tage warten, um den Wein in seinem optimalen Trinkstadium geniessen zu können. Da hilft nur Bekanntes, einige Stunden ab in der Karaffe und sie zeigen was sie wirklich in sich haben. Nämlich eine glasklare, sehr reintönige Frucht mit rassiger Mineralität, straffem Stil und grossem Trinkvergnügen. Also kein fetter und supermoderner Allerweltsstil sondern schlanke doch druckvolle und auf Freude am Trinken ausgelegte Weine. Eindrucksvoll.

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Der 2012er Gelbe Muskateller ist ein wunderbarer Vertreter seiner Zunft. Die oftmals leicht seifige, bittere und massige Stilistik ist hier durch Struktur und einer frischen klaren Frucht ersetzt. Gelbe knackige Früchte, etwas florale Noten und eine sehr animierende Säure. Ein straffer, herrlich frischer Gelber Muskateller mit Potenzial für viel Jahre. Unbedingt einige Stunden dekantieren. 17/20, 2014-20

Anfangs am stärksten litt der 2012er Sauvignon Blanc, doch entwickelte er sich dann zu einem mit frischen grünen Früchten versehenen, knackigen und rassigen Wein. Noten von grüner Kiwi, Anis, weissem Pfeffer und Gartenkräutern. Mit leicht phenolischer Komponente, was ihm Struktur und Rückgrat gibt – Schmelz und eine gewisse Samtigkeit fehlen auch nicht und ergänzen ideal. Auch ihn unbedingt einige Stunden dekantieren. 16.5/20, 2014-20

Der 2012er Morillon machte keine Ausnahme, auch er stand erstmal sehr verschlossen da. Luft! Dann eine florale, leicht herbe Aromatik mit würzigen Trockenkräutern im Hintergrund. Reife gelbe Birnen, etwas Quitte und Kamillennoten kommen dazu. Mit Luft gewinnt er deutlich an Tiefe und Komplexität. Grosse Gläser. Die feste Säure, ein gut ausbalancierter Alkohol, überhaupt eine stimmige Art mit Kraft und dezentem Schmelz bündeln in einem sehr guten Lagerungspotenzial. Viel Luft und/oder etwas Lagerzeit braucht der Morillon aber schon noch. Hat Klasse! 17.5/20, 2015-22


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