EINE MEDAILLE FÜR CHARLY

Gabriel_profil_icon de Rene GabrielPremium_small, le 24. juillet 2009 13:39

Die dänische Sängerin Wenke Myhre hat für ihren Charly um eine Mark gebettelt. Ich hätte gerne für meinen Charly eine Medaille. Mehr als dreissig Jahre arbeitet er erfolgreich im eigenen Betrieb, visionär was neue Rebsorten betrifft und immer mit beiden Beinen fest auf den önologischen Bielerseeweinboden bleibend.

Doch was haben die erwähnten Charlys sonst noch gemeinsam? Als Wenke Myhre auf den Brettern die die Welt bedeuteten stand und ihren Hit lancierte, begann der andere Charly mit seinem heute sehr erfolgreichen Winzerbetrieb. Man schrieb das Jahr 1977.

Und jetzt soll das Geheimnis gelüftet werden. Es geht um den mit 60 Lenzen jung anmutenden Charly Steiner aus Schernelz. Ein paar Kurven hoch, durch Rebberge und schon ist man hinter dem Haus und gelangt über eine eher schmale Stiege nach unten in den Weingutsbetrieb. Steht man dann auf der Terrasse vor dem Haus, offenbart sich einem ein berauschender Blick zur Aaremündung und über den ganzen Bielersee mit der harmonisch eingefügten St. Petersinsel.

Doch wir sind ja wegen dem Wein gekommen! Bei unserem Besuch verkosteten wir den neuesten Jahrgang und Charly griff auch in seine Keller-Reserven und überraschte uns mit ein paar antiken Flaschen aus seinem langjährigen Schaffen.

Degustation vom Jahrgang 2008: Der normale Chasselas ist nervig und zeigt deutlich seinen Ausbau im Stahltank (16/20). Terroir und Tradition finden sich im fein nervigen Chasselas Clos l'Abbé (17/20). Sehr gut und Dank Verzicht auf biologischen Säureabbau ist der rassige Müller-Thurgau. Die stützende Säure balanciert herrlich die 7 Gramm Restzucker (17/20). Mit viel gelber Frucht und einem Hauch Ananas zeigt sich der Pinot Gris (17/20. Der Chardonnay ist wohl noch etwas zu jung und muss seine Bitternoten noch etwas verdauen (16/20). Eher fad zeigt sich der Sauvignon Blanc und wirkt so wie ein nettes Weinchen (15/20). Die beiden Pinots sind geradlinig, ehrlich schlank, geradlinig und mit noch vordergründigen Tanninen.
«Leider müssen wir die Pinot Noirs immer schnell lancieren, aufgrund der Nachfrage. Wer bereit ist, ihn etwas zu lagern, erlebt viel mehr, als wenn man ihn zu jung trinkt», meint Charly. Recht hat er, wie der unglaublich jung wirkende 1999er (18/20!), später seine Theorie beweisen wird.

Beim Cuvée Steiner vom Jahrgang 2007 scheint der Malbec der etwas bessere Teil als der Syrah zu sein. Von mir aus hätte er auch etwas mehr Fassreife vertragen, denn das Potential ist vielleicht gar grösser als man ausrechnen kann.

Zum Käse überrascht der 1995 Chasselas: Gelb-grün-leuchtend mit unerwartet viel Mineralität. Glatte 18-Punkte für diesen unerwartet grossartigen Wein der damals schon mit einem Drehverschluss ausgestattet war. Ein weiterer Beweis für Charlys visionären Mut und ein historischer Tritt ans Schienbein der ewigen Drehverschlussnörgeler die sich dann umso mehr empören wenn ein mit Korken versehener Wein zapft.
Und als zweiten Abschluss gab es dann auch noch den Jahrgang seiner Tochter Sabine, die ich noch vor ein paar Wochen beim Emmerich Knoll in der Wachau antraf. Der 1978 Chasselas war zuerst etwas stickig. Das hatte aber mit der Luft zwischen dem Wein und dem Korken zu tun. Dann öffnete er sich und bot ein derartig grosses Chasselas-Altweinerlebnis, wie ich es sonst nur von alten, grossen Dezaleys gewohnt war.

Charly Steiner weiss, wo die fairen Grenzen der Bielerseeweine liegen - bei der Vinifikation und beim Festlegen der Preise für seine begehrten Flaschen. Er strapaziert das Lesegut nicht, sondern begleitet es, je nach Potential. Und doch geht er dann manchmal an die Grenzen um auszuloten, was in Spitzenjahrgängen möglich ist.

So geschehen beim just lancierten 2007 Chardonnay Reserve den er für 120 Franken, die Dreierholzkiste ab Hof verkauft. Klare Chardonnaynase, frisch gemahlene Mandeln, helle Röst- und feine Hefenoten mit einer gewissen Chablis-Affinität in der delikat parfümierten Nase in der auch noch verführerische Allier-Kokosnoten vom perfekt eingesetzten Holz mitschwingen. Im Gaumen trotz Reichtum nicht überladen mit Komplexität und Reineclauden und Karambolle im langen Finale. Gehört zu den allerbesten Chardonnays die je in der Schweiz produziert worden sind. 18/20 trinken - 2018

Wissen Sie noch, welches Lied Wenke auf der Rückseite von «Eine Mark für Charly» besang? «Jedes Lied hat mal ein Ende» - das geht auch mit Charly Steiner's Flaschen so...

 


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